
Im Clos Belle Rose fließt Reinheit in Strömen
Entdeckung einer ardennischen Mikrobrauerei
5 min. Auszeit
Im Herzen des kleinen, malerischen Dorfes Haybes entdecke ich in Begleitung meiner Freunde das Clos Belle Rose. Eine Hütte, eine Mikrobrauerei, ein Ort der Begegnungen.
An diesem Ort spielt Geschichte eine große Rolle
Einzig(artig)er Zeitzeuge
Das Gebäude sticht aus den benachbarten Gebäuden hervor und zieht direkt meinen Blick auf sich. Das ist kein Zufall! Der Besitzer Julien erzählt, dass das Clos das einzige ist, was dem Sturm der Deutschen im Zweiten Weltkrieg standgehalten hat. Damals wurde das Dorf dem Erdboden gleichgemacht. In der Nachkriegszeit musste es komplett neu aufgebaut werden. Die industrielle Metropole Stockport des Vereinigten Königreiches verbürgte sich für den Wiederaufbau des Dorfes Haybes. Julien hat zu Ehren der englischen Stadt ein Bier nach ihr benannt. Ich habe verstanden, dass die Geschichte an diesem außergewöhnlichen Ort eine wichtige Rolle spielt. Der Betrieb des Clos Belle Rose ist fest in der Vergangenheit und in der Umweltfreundlichkeit verankert.
Übernachtung am Maasufer
Ich erlebe den originellen Charme des Clos. Der Innenraum des Bauwerks hält das Niveau der Außenansicht. Amandine, Louise, Collette, Marguerite Fontaine. Jedes Zimmer ist individuell gestaltet, trägt einen Frauennamen und verfügt über ein Badezimmer. Ich habe bei Anne genächtigt, mit einem endlosen Ausblick auf die Maas. Im Morgengrauen finden wir uns in einem Zimmer im Stil des Barock mit Vergoldungen zum Frühstück ein. Marmeladen, Schokolade, Früchte, gekochte Eier… hier MUSS man seinen Gaumen einfach verwöhnen! Die heißen Getränke werden serviert. Wir haben wirklich den Eindruck von Freunden umgeben zu sein. Ohne Zweifel hatten Charles de Gaulle, die Sängerin Jenifer und andere, vor uns anwesende Berühmtheiten dasselbe Gefühl. Wir stellen uns schon vor, wie wir im Sommer entspannen und die Outdoor-Bar genießen mit dem Ausblick auf den Fluss.
Zimmer, lokale Produkte und Mikrobrauerei an einem einzigartigen Ort

Begegnung mit einem Ardenner, der Braumeister ist
Gesättigt geht es mit Julien zu einer intimen Besichtigung der Mikrobrauerei des Clos Belle Rose. Die Atmosphäre ist sofort entspannt dank der Gastfreundschaft und des herausragenden Sinns für Humor des Ardenners. Mütterlicherseits ist er Engländer aus Liverpool und steht ganz offen dazu, zwangsläufig ein großer Fußballfan zu sein. Daher fährt die Mikrobrauerei öfter mal als Begleitung zu den Turnieren der Dorfmannschaft mit! „Obwohl es natürlich nicht daran liegt, dass sie die meisten Tore schießen“, witzelt er.
Das Clos Belle Rose bietet auch Schafskäse und eine Pastete aus Bier an. Julien vertraut uns an, dass er sich weigert, seine Produkte im Supermarkt zu kommerzialisieren. Für ihn ist es enorm wichtig, seine Kunden persönlich kennenzulernen. Manche lassen sich das brauen beibringen und brechen wieder mit ihrem selbstgebrauten Bier auf. Die Mikrobrauerei bringt ungefähr 5.000 Flaschen pro Jahr und ist im Winter auf dem Betriebshöhepunkt. „Das ist die touristische Nebensaison und daher haben wir mehr Zeit uns dem Brauen zu widmen“, erklärt er. Ihr Bier hat ca. 6 bis 6,5 Vol.-%.
Wir lernen das dunkle La Hayboise kennen, das Blonde Le Cerf Blanc im Gedenken an die Legende des Jägers Hubertus, der sich im Ardenner Wald verlief, das fruchtige Laquette Qué nouvelle dans l’bois aus Heidelbeeren und das Stockport, Bier der Gedenkfeiern. Julien berichtet, dass er genötigt wurde, die Produktion des Stockport zeitweise einzustellen, da es in England seinem eigenen Erfolg zum Opfer fiel! Ich bin von dieser Authentizitätssuche meines neuen ardennischen Freundes gerührt. Er konnte nicht mehr Schritt halten und für ihn war die Eigenproduktion des Biers wichtiger.
Natürlich bis zum Schluss
Wir sind in einen alten Schiefersalon hinabgestiegen. Hier wurde dieser für die Region typische Stein ehemals geschnitten. Jetzt braut das Clos Belle Rose hier Bier. Julien erzählt, dass sie nicht unbedingt gleichmäßig sein müssen, da es das Typische der Eigenproduktion ist. Und manchmal verstopfen ihre Bottiche und dann muss man einschreiten. Ich begreife, dass das hier eine Arbeit aus Leidenschaft ist. Mithilfe meines aufmerksamen Führers lerne ich den Herstellungsprozess von Bier in Eigenproduktion bis ins kleinste Detail kennen. Zuerst wird es im ersten Bottich zum Sieden gebracht, sodass die Färbung der Gerste entsteht. Das Getreide wird mit einer kleinen Schrotmühle geschrotet. Dann gehts zum zweiten Braubehälter. Das Maischepaddel bricht die Klumpen und der Propellerrührer kommt als nächstes dran. Julien meint, dass die Rückstände an die Wildschweine der Region verfüttert werden. Jetzt wird in den Kühler umgesiedelt. Hier wird das Gemisch dank eines natürlich gefilterten Wasserkreislaufs gekühlt und der Hopfen hinzugefügt.
Ich stelle erstaunt fest, dass die getrocknete Pflanze stark an Pellet erinnert. Julien zerdrückt den Hopfen und es tritt eine gelbliche Flüssigkeit hervor. Es handelt sich um Lupulin: ein exzellenter natürlicher Konservierungsstoff. Der Braumeister erntet den Hopfen am Maasufer Ende September, Mitte Oktober. Ich bin vermutlich schon an den Pflanzen vorbeigekommen, ohne es zu merken.
Das Getränk gärt für 15 Tage mit Hefe, damit diese den Zucker aufnimmt und ihn zu Alkohol verarbeitet. In diesem Stadium werden ebenfalls die lokalen Heidelbeeren in den Gärbehälter hinzugegeben, um das fruchtige Bier zu erzeugen. „Das Abfüllen ist das industriellste an der Mikrobrauerei“, spaßt Julien. Und ja, der Braumeister benutzt einen kleinen elektrischen Abfüller aus recyclebarem Aluminium. Ich kann mir denken, dass man für das Verkorken Übung braucht. Erneut bin ich überrascht von der Authentizität der Praktik als ich das Etikettierverfahren erlebe. Eines nach dem anderen werden die Etiketten mithilfe eines kleinen Stempels aufgeklebt, der in ein Schälchen mit Milch getunkt wird. Je mehr die Milch stinkt, desto besser klebt es!
Wir durchqueren einen Flur und gelangen in ein zweites, herzlicher gestaltetes Zimmer. Großes Glasfenster, Kneipenambiente, kleine Theke und Dekoschilder an den Backsteinwänden. Das Bier steht in Reih und Glied. Julien informiert mich, dass der Thermostat auf 25 Grad eingestellt ist und die Backsteine exzellent isolieren. Es muss sich um ein Verkostungsbier handeln. Aber nein, es fehlt die Kohlensäure! In den großen Brauereien wird sie vor dem Verkorken künstlich hinzugefügt. Hier, werden die verschlossenen Flaschen in das warme Zimmer gebracht, damit sich die Kohlensäure auf natürliche Art und Weise entwickelt. Die Besichtigung endet natürlich mit einer Verkostung, die wir etwas weiter oben in der Salonecke der Hütte genießen.
Erlebt es selbst
Le Clos Belle Rose
9 Place de la Charité, 08170 Haybes, Frankreich
Tel.: +33 (0)6304 84451
www.le-clos-belle-rose.com
Ich habe den Charme des Clos erlebt…
Hier MUSS man seinen Gaumen einfach verwöhnen!