Marion - Chroniques d'une ardennaise
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100% aus den Ardennen, mit einer Mischung aus Belgien und Frankreich
Ich bin in der Lehensburg von Anthisnes zum Ritter geschlagen worden
1 ritterlicher Tag
Die Lehensburg von Anthisnes ist ein geschichtsträchtiger Ort mitten in den belgischen Ardennen. Um diese Burg zur Gänze zu verstehen, müssen wir eine kleine Zeitreise wagen. Und zwar mitten in das Mittelalter, als zahlreiche solcher Burgen und Abteien das Landschaftsbild von Europa prägten. Die Abteien besaßen Ländereien, die es um jeden Preis zu schützen galt. Dazu gab es Lehnsherren und -burgen mit Rittern zum Schutz dieser Ländereien ...
Ich möchte unbedingt zum Ritter geschlagen werden!
Wer sagt, dass man mit acht Jahren noch nicht zum Ritter geschlagen werden kann? Lucas jedenfalls glaubt fest daran, als wir mit ihm zur Lehensburg von Anthisnes fahren. Schon seit einer Woche bereitet er sich auf die edle Ritterprüfung vor, fragt sich noch auf dem Weg, ob er wohl auf ein Pferd muss denn darin ist er nun wirklich nicht geübt.
Um ehrlich zu sein, weiß ich es ihm auch nicht zu sagen. Dies alles jedoch werden wir in Anthisnes erfahren, ein kleiner Ort im Herzen der belgischen Ardennen. Als wir schließlich mitten auf dem Land, in der Provinz von Lüttich ankommen, erblicken wir sofort den hohen Turm der Burg, der sich vor uns erhebt. Keine Frage, hier sind wir richtig.
Jérôme, ein erfahrener Ritter, empfängt uns und erklärt uns den Ablauf unseres Besuches. Er schildert vor allem Lucas, wie er all seine Prüfungen bestehen wird die ihn schlussendlich dazu ermächtigen, als kleiner Ritter die große Lehensburg zu verteidigen. Jérôme händigt uns ein kleines Büchlein aus, das wir bis zum Ende des Rundgangs wie einen Schatz hüten. Dann geht es auch schon hinaus, wo Lucas seine erste Prüfung auf dem Weg zum Ritter bestehen wird.
Sieben Prüfungen erwarten den angehenden Ritter. Die Burg, in der wir uns befinden, ist heute nicht mehr ganz so, wie sie dereinst war. Lucas muss sich konzentrieren, sich an die ursprünglichen Pläne halten, und meistert seine Prüfung schließlich mit Bravour. Wir lauschen indes den Ausführungen von Jérôme, der uns erzählt, dass hier anfangs nicht mehr als ein kleiner Bergfried stand. Dieser geht auf das zwölfte Jahrhundert nach Christus zurück und ist perfekt erhalten. Heute befindet sich dort das Bier- und Schnaps-Museum, denn wie in jeder guten Burg die zur örtlichen Abtei gehörte, stellte man hier sein eigenes Bier her. Die restlichen Bauteile im Lütticher Renaissance-Stil, erfahren wir, gehen auf das Jahr 1648 zurück, sind also erst viel später entstanden.
Bier- und Schnaps-Museum
Nachdem Lucas seine erste Prüfung also erfolgreich bestanden hat, führt Jérôme uns in das Innere des beeindruckenden Bergfrieds. Hier erwartet ihn seine zweite Prüfung. Für den Rest unseres Besuches steht es uns frei, die Tour auf eigene Faust zu bestreiten. Im weiteren Verlauf entdecken wir eine gewaltige Stiege, die den Lauf der Jahrhunderte perfekt überdauert hat. Im ersten Stock des Bergfrieds erwarten uns der Überreste einer einfachen Brauerei, mitsamt den ursprünglichen Anlagen für die Wasseraufbereitung, für Hopfen, Malz und Gerste. Während wir darüber staunen, muss Lucas eine kleine Geruchsprüfung (mit verbundenen Augen) bestehen: Er muss sagen können, was sich in den kleinen Säckchen befindet, dessen Inhalt er nur riechen und nicht sehen kann. Eine Konzentrationsaufgabe, die ihn ein Stück näher an den Status des edelmütigen Ritters bringt.
Lasst all Eure Sinne sprechen!
Jedes Stockwerk des alten Bergfrieds verrät uns mehr über die Geheimnisse der Bierbraukunst im Lauf der Jahrhunderte, bedeutet aber auch weitere, kleine Prüfungen für unseren jungen Ritter. Darunter auch eine geografische Prüfung, denn er muss die Größe des Herrschaftsgelände abschätzen können und die geopolitische Bedeutung jener Zeit richtig einschätzen können. Es folgt eine Bauwerks-Prüfung, dann noch eine zur Geschichte, bis er schließlich zur letzten Prüfung schreiten kann, das Schießen mit der Armbrust. Diese findet im Erdgeschoss des mächtigen Turms statt, und ist doch etwas gewagt. Schließlich mussten Ritter ihre Herren ja auch gegenüber Eindringlingen verteidigen! Lucas schießt mit seiner Armbrust von ganz oben vom Turm aus, er hat nur fünf Versuche um seine Attrape zu erledigen, beim dritten Mal gelingt es ihm und er ruft überglücklich, Sieg !!!
Ich werde zum Ritter geschlagen: Die Zeremonie
Zufrieden und triumphierend schreitet Lucas Jérôme entgegen und stellt sich dem erfahrenen Ritter als jungen, aufstrebenden Nachwuchs vor, der wie er nun die Befugnis hat, die Ländereien rund um die Lehensburg von Anthisnes gegenüber Feinden zu verteidigen. Wie zum Beweis überreichen wir Jérôme das kleine Büchlein, in das wir stolz alle Ergebnisse der Prüfungen von Lucas eingetragen haben. Wird er nun zur Zeremonie voranschreiten können?
Das Warten ist unerträglich für Lucas. Wir werden in den Rittersaal geführt, wo Lucas ein Stuhl erwartet, der ungefähr drei Mal so groß ist wie er selbst. Nunmehr lächelt unser kleiner, tapferer Held geduldig. Jérôme kehrt mit einem großen Schwert und einem riesigen Schild zurück, die Zeremonie kann beginnen. Lucas, der mit einem Knie auf den Boden gesunken ist, wird ganz offiziell zum Ritter geschlagen und ist ganz ehrfürchtig und stumm geworden. Er nimmt seine Waffen auf und kann fortan zu jeder erdenklichen Zeit zur Verteidigung "seiner" Burg gerufen werden. Mit einem Diplom in der Hand, das seine Qualitäten als junger Ritter bestätigt, widmen wir uns nun, wie es auch die Tradition verlangt, ausgelassenem Feiern!
Ein Schluck vom Péket-Schnaps gefällig?
Bühne frei für das Leibeswohl!
Im Gewölbekeller der Burg wird ein Fest vorbereitet, schon riechen wir das knusprige Spanferkel durch die Tür. Für uns jedoch endet der Besuch hier, und wir beschließen ihn mit einer kurzen Verkostung lokaler Produkte. Dazu zählt naturgemäß auch das vor Ort gebraute "La Réserve de l’Avouerie", ein dunkles, malziges Bier dessen Ursprung weit in die Geschichte der Lehensburg zurückreicht. Empfehlen können wir auch einen Schluck Péket, ein Wacholderschnaps der ebenfalls vor Ort in Anthisnes gebrannt wird. Lucas genießt seinerseits einen Apfelsaft aus der Region und dazu einen großen Käseteller mit lokal produzierten Käsesorten. Was auch immer es braucht, um den großen Appetit eines soeben ernannten Ritters zu stillen.
Ich möchte auch so etwas erleben!
Lehensburg von Anthisnes
Avenue de l'Abbaye 19, 4160 Anthisnes
Tel.: +32 4 383 63 90
https://www.avouerie.be
info@avouerie.be
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr.
Lass Dich in der Lehensburg von Anthisnes zum Ritter schlagen!